Im Rahmen der Verabschiedung des Fürstenwalder Haushalts 2022 am 7. April 2022 hielt unsere Fraktionsvorsitzende Nancy Krüger folgende Rede:
Liebe Fürstenwalderinnen und Fürstenwalder,
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadtverordnete,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung,
in diesem Jahr fiel es mir ganz besonders schwer, die aus meiner Sicht richtigen Worte für diesen Tagesordnungspunkt zu finden.
Grund dafür ist das elendig-bleiernde Gefühl, dass wir als Stadtverordnetenversammlung in der Sackgasse stecken.
Und das meine ich in vielerlei Hinsicht:
1. Stecken wir als Politik im Labyrinth von Intrigen, Beschuldigungen und Missgunst,
2. steckt die Verwaltung in einem Berg voll Pflichtaufgaben, freiwilligen Leistungen und nicht enden wollenden Prüfaufträgen.
3. Steckt die Stadt tief im finanziellen Schuldengraben des Kassenkredits
Was meine ich konkret damit:
Es macht mich traurig, mit welchem Ideenreichtum und welcher Kraftanstrengung hier gute Dinge verzögert oder sogar verhindert werden.
Fraktionen die unterschiedlicher kaum sein könnten, verschmelzen zu einer reinen Zählgemeinschaft mit einem einzigen Ziel: Verhinderungspolitik! Verhinderungspolitik um dem demokratisch gewählten Bürgermeister keinesfalls einen Erfolg zu gönnen.
In diesem Zusammenhang ist egal, was in dieser Stadt vermeintlich schief läuft – der Bürgermeister hat Schuld — so werden wir es sicherlich auch in den nächsten Reden noch hören:
– die Stadtfinanzen stehen im tiefroten Minus, weil in der Vergangenheit casinomäßig damit gezockt wurde? Der jetzige Bürgermeister ist Schuld
– Eine Schwappsanierung würde knapp 30 Millionen kosten? Der Bürgermeister ist Schuld
– die Verwaltung dünnt aus, weil 1/3 der Verwaltungsbelegschaft in Rente geht und man in der Vergangenheit auch hier auf Verschleiß gefahren ist? Der Bürgermeister ist Schuld
– die Stadtverordnetenversammlung wählt eine Beigeordnetenkandidatin nicht, die zuvor von allen Fraktionen im Rahmen der Bestenauslese mit höchsten Punktzahlen bewertet wurde? auch hier hat nur einer Schuld: der Bürgermeister.
Wir haben hier mitlerweile das Niveau erreicht, zu dem es vor Kurzem mehrere Artikel in der Presse gab. Dort war unter der Überschrift “Hass gegen Kommunalpolitker nimmt zu” und “Die Täter sind meist bekannt” zu lesen, wie verroht die Kommunalpolitik in Brandenburg in Teilen ist.
Und ich kann Ihnen sagen: Fürstenwalde spielt hier vorne mit.
Was in den Artikeln formuliert wurde, trifft auch bei uns zu. Auch hier sind die Täter bekannt. Auch hier gab es widerlichste Nachrichten, nicht nur an den Bürgermeister, sondern auch an Stadtverordnete und auch an mich persönlich.
Auch hier wissen viele Bescheid.
Aber auch hier wird es totgeschwiegen – nicht eine Entschuldigung für entsprechende Vorkommnisse hat es gegeben, obwohl wir einigen von Ihnen entsprechende Chatverläufe präsentiert haben.
Nein ganz Im Gegenteil. In fraktionsübergreifenden Chatgruppen stachelt man sich weiter gegenseitig auf, den politischen Gegner vernichten zu wollen.
Das ist inakzeptabel und höchst undemokratisch.
Und eine rote Linie verläuft in jedem Fall dort, wo höchstpersönliche Angelegenheiten und Unwahrheiten öffentlich verbreitet werden sollen.
Und ich fordere heute erneut, alle Täter und auch alle unter Ihnen, die dieses Verhalten mittragen, auf: Beenden Sie dieses unwürdige Theater.
Kehren Sie zurück zur vernunftgesteuerten Politik!
Die persönlichen Befindlichkeiten, Anfeindungen und eitlen Machtkämpfe von einigen wenigen Mitgliedern der SVV stehen einer zukunftsgerichteten Entwicklung unserer Stadt entgegen und vertreiben dazu noch jene aus der Politik, die sich sachlich, in ihrer Freizeit, für unsere Stadt engagieren wollen.
Hätte ich einen Wunsch frei, würde ich mir wünschen, dass diese Energie wieder für einen sachlichen Diskus und somit eine positive Entwicklung aufgebracht werden würde.
Die nichtöffentlichen Haushaltsdiskussionen in diesem Jahr haben gezeigt, dass es trotz unterschiedlicher Ansätze doch gemeinschaftlich funktionieren kann, unsere Stadt auch durch schwierige Zeiten zu monövrieren.
Wir sind auf den politischen Kompromiss angewiesen, um für unsere Stadt sorgen zu können.
Und wir alle müssen dafür sorgen, dass unsere Verwaltung handlungsfähig ist und es auch bleibt.
Das bedeutet, wir müssen mit dem jetzigen Haushalt nicht nur die dafür notwendigen Stellen bewilligen. Wir müssen vor allem auch unsere eigene Arbeit effektiver gestalten.
Das bedeutet für mich: wenn Entscheidungen notwendig sind, müssen wir sie fällen: das gilt für Großinvestitionen rund um die Spreeschwimmhalle 2.0, Schwapp und Surf-Era genauso, wie für die Grundlage unserer eigenen Arbeit – die Geschäftsordnung.
Beides sind Vorhaben, die wir seit kanpp zwei Jahren vor uns her schieben, ohne ein bisher messbares Ergebnis.
In diesem Zusammenhang müssen wir auch ein Stück weit wegkommen von diesen kaugummiartigen Prüfaufträgen, die eine Art Beschäftigungstherapier für die Verwaltung sind.
Ich will an dieser Stelle auch meinen Appell zum konstruktiven Diskurs vom letzten Jahr wiederholen: Lassen Sie es uns auch in den öffentlichen Sitzungsteilen so handhaben, wie wir es meist in den nichtöffentlichen Teilen ohne Publikum praktizieren: Diskutieren wir hart in der Sache, stets mit dem Ziel im Blick, das beste für die Stadt zu schaffen!
Doch in meiner Haushaltsrede soll es nicht nur um die Auseinandersetzung mit der aktuellen politischen Situation gehen.
Deswegen möchte ich jetzt noch auf das Zahlenwerk eingehen, dass heute auf unserem Tisch liegt: Der Haushalt 2022.
Er ist nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit und den realen Verhältnissen dieser Stadt kein guter Haushalt, auf den wir uns in zwei sehr langen Haushaltsberatungen verständigt haben – das wissen wir alle hier im Raum.
Der Haushalt ist weder ausgeglichen, noch wird er den umfassenden Herausforderungen gerecht, denen wir uns als Stadt künftig stellen müssen – und damit meine ich nicht nur die aktuelle weltpolitische Lage.
Dieser Haushalt sichert das Allernotwendigste.
Wir erhalten mit dem geplanten Minus von ca. 3,5 MIO € in wichtigen Bereichen gerade so unseren Bestand. Und 3,5 MIO € sind ein enormes Defizit!
Aber, sehr geehrte Damen und Herren, mehr war, ist und wird auch in den nächsten Jahren kaum drin sein.
Wir finanzieren dieses Minus aus einer theoretischen, aber faktisch nicht vorhandenen Rücklage und erhöhen somit wieder den Kassenkredit. Den Kassenkredit, den wir so mühsam in den letzten Jahren reduziert haben.
Die Stadt lebt sozusagen aus dem Dispo und wir begleichen Schulden mit neuen Schulden.
Wir finanzieren das Hier und Jetzt wieder zu Lasten zukünftiger Generationen.
Dennoch ist dieser Haushalt aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger als durchaus positiv zu bewerten.
Im aufgestellten und eingebrachten Haushalt der Verwaltung befanden sich bereits ca. 4,7 Mio. € an freiwilligen Leistungen für Kultur, Sport und Soziales. In den darauf folgenden Haushaltsberatungen wurden die Ausgaben für freiwillige Leistungen sogar noch erhöht.
Weitere 4,5 Mio. € sind für Investitionen eingeplant, die besonders für die Vollendung bereits begonnener Projekte, wie Jagdschloss, Umbau/ Erweiterung des Hort Sternschnuppe, Querungshilfe Heideland, Herstellung Mitschurinstr., vorgesehen sind.
Der Eigenbetrieb FSF erhält zur Aufrechterhaltung des Betriebes im Schwapp 500.000€ für Sanierungsmaßnahmen.
Wer hier also von Sterben auf Raten spricht, schürrt Ängste zum Selbstzweck auf Kosten der Nutzerinnen und Nutzer und selbstverständlich auch die Ängste der Mitarbeitenden.
Natürlich hätte das BFZ gern Mittelanmeldungen für weitere Projekte und Maßnahmen, wie für die Trebuser Str. 60, die Eisenbahnstr. 118 oder die Umsetzung der Drehscheibe Bahnhof inkl. eines Fahrradparkhaus im Haushalt gesehen.
Leider reichen aber weder die finanziellen Mittel, noch die personellen Ressourcen hierfür aus.
Erfreulich hingegen stimmt uns, dass nun die Herstellung der Geh/ Radwege, viele kleinere und größere Sanierungsmaßnahmen an Kitas und Schulen, die Bushaltestellen für den Schulcampus an der Beeskower Chaussee oder auch das Vorhaben rund um die Aufbauschule in greifbare Nähe rücken.
Den Fokus sollten wir weiterhin auf private Ansiedlungsvorhaben wie bspw. der Brauerei, Surf era oder Panorganix legen, weil diese unsere Stadt stärken, unsere Einnahmesituation verbessern und sich somit positiv auf unseren Haushalt auswirken.
Die SVV sollte die Verwaltung hier konstruktiv und vor allem so ressourcenschonend wie nur möglich begleiten, statt diese Ansiedlungsanfragen zu Bürgermeisterprojekten zu stilisieren. Bei anderen Vorhaben, wie dem Jagdschloss ist dies doch auch gelungen.
Fazit:
Wir als BFZ-Fraktion werden den Änderungen, auf die wir uns in einer ausnahmsweise sehr konstruktiven Debatte geeinigt haben, zustimmen. Auch wenn wir damit nicht vollends zufrieden sein können.
Gleichwohl verbinden wir damit das verabredete Ziel, im nächsten Jahr nicht erneut in diese Situation zu geraten.
Hierfür müssen wir einiges tun – auch das wissen alle hier im Raum.
In erster Linie müssen wir ehrlich mit uns und all jenen sein, die auf die Unterstützung der Stadt angewiesen sind. Konkret bedeutet das, frühzeitig in diesem Jahr darüber zu reden, wie wir unsere begrenzten Mittel im nächsten Jahr noch effektiver einsetzen, als bisher. Das Prinzip Gießkanne kann nicht weiter funktionieren, hier muss alles auf den Prüfstand. Wir müssen darüber reden, was wirklich nötig ist und wo es zukünftig Anpassungen geben muss.
Ein großer Dank geht zum Schluss noch an all die Verwaltungsmitarbeiter, die in diesem Jahr besondere Hürden nehmen mussten, um diesen Mammut Haushalt für uns aufzustellen.
Herzlichen Dank!